Kein Wunder, dass der Funke übersprang
„Kunst hat mich immer begleitet“, sagt die 1937 in Dresden geborene Künstlerin Anna-
Jutta Pietsch. Da ihre Eltern beide Künstler waren, wurde sie ihr sozusagen in die Wiege gelegt.
Und doch wurde sie selbst erst nach größeren Umwegen die Kunstschaffende, die sie heute mit
Leib und Seele ist. Gerade weil die Eltern es als Künstler in schweren Zeiten nicht zu großen
Gütern bringen konnten, musste sie zunächst andere Berufswege einschlagen. Wohl konnte sie
mit einem Stipendium und Ferienarbeit studieren, wandte sich aber der auf eine lukrative
Berufspraxis hinzielenden Volkswirtschaft zu und promovierte in Politologie. Aber die
Beschäftigung mit Kunst hat sie nie losgelassen. Sie besuchte unzählige Ausstellungen und
Museen und erwarb einschlägige Kenntnisse durch private Studien aus Büchern, Katalogen
und Vorträgen.
Die so geschaffene solide Grundlage befähigte sie dazu, 1986 für die Münchner
Volkshochschule im Gasteig eine Galerie aufzubauen, der sie den Stempel einer
Erwachsenenbildungseinrichtung mit politischem Einschlag aufdrückte. Vorrangig brachte sie in
ihr Konzept die Kunst von Frauen ein, die in den achtziger Jahren noch vielen Vorurteilen
ausgesetzt war. Im Fahrwasser der Frauenbewegung gab es damals auch einen Aufbruch der
Künstlerinnen. Zu ihren ersten Ausstellungen gehörten die provozierenden Werkschauen
„Weibsbilder“ von Lilith Lichtenberg, Lisa Endriß und Sara Roggenhofer, sowie „Frauen sehen
Männer“, die zum Teil wütende Reaktionen auslösten. Bei letzterer wurden Bilder und
Skulpturen zerstört, wohl von Männern, die sich nicht positiv genug dargestellt fanden. Große
Resonanz bei Presse und Publikum fanden Einzelausstellungen von Künstlerinnen wie Erna
Dinklage, Erika Maria Lankes, Tremezza von Brentano, Lili Fischer, Valie Export, Marie Marcks
und Annalies Klophaus. Anna-Jutta Pietsch dazu: „Für mich bedeutete die Galeriearbeit eine
intensive Auseinandersetzung mit der Gegenwartskunst. Ich war begeistert von den
ungeahnten Möglichkeiten sich auszudrücken, die Künstler und Künstlerinnen entwickelten.“
Und abschließend: „Viele erfanden im besten Sinne die`Welt` neu.“